schulter anatomie sehnen: Überblick & häufige Verletzungen

Stellen Sie sich Ihre Schulter mal wie ein hochkomplexes Universalwerkzeug vor. Sie vereint eine unglaubliche Beweglichkeit mit beeindruckender Kraft. In diesem ausgeklügelten System sind die Sehnen so etwas wie die entscheidenden Steuerkabel, die jede noch so kleine Bewegung lenken und das ganze Gelenk stabil halten. Wer die Anatomie der Schultersehnen versteht, hat den Schlüssel in der Hand, um Schmerzen vorzubeugen und die volle Funktion zu erhalten.

Ein tieferer Blick auf die Sehnen der Schulter

Die Schulter ist weit mehr als nur ein einfaches Gelenk. Sie ist ein faszinierendes Zusammenspiel aus Knochen, Muskeln und Sehnen. Genau diese enorme Beweglichkeit macht sie aber auch anfällig für Verletzungen. Um zu verstehen, warum das so ist, müssen wir uns die Hauptdarsteller dieses Systems einmal genauer anschauen.

Die Anatomie ist hier der Schlüssel: Das Schultergelenk, als größtes und beweglichstes Gelenk unseres Körpers, wird von Oberarmknochen (Humerus), Schulterblatt (Scapula) und Schlüsselbein (Clavicula) gebildet. Für die Stabilität und die unzähligen Bewegungen ist aber vor allem die Rotatorenmanschette zuständig. Das ist eine Gruppe aus vier Muskeln und ihren dazugehörigen Sehnen: Musculus supraspinatus, infraspinatus, subscapularis und teres minor. Eine tolle Übersicht zur detaillierten Anatomie der Schulter finden Sie bei der Uniklinik Aachen.

Warum dieses Wissen für Sie wichtig ist

Mit einem grundlegenden Verständnis dieser Strukturen können Sie die Ursachen von Schulterschmerzen viel besser einordnen. Ob beim Sport, bei der Arbeit oder bei ganz alltäglichen Bewegungen wie dem Griff ins oberste Regal – Ihre Sehnen sind pausenlos im Einsatz. Wenn Sie wissen, welche Sehne für welche Bewegung zuständig ist, erkennen Sie mögliche Probleme oft schon frühzeitig.

Betrachten Sie diesen Artikel als Ihre persönliche Landkarte für die Sehnenanatomie der Schulter. Er macht komplexe Zusammenhänge greifbar und zeigt Ihnen, wie Sie Ihr Gelenk fit und gesund halten können.

Sehnen sind schon faszinierende Gebilde. Sie sind das direkte Bindeglied zwischen Muskel und Knochen und übertragen die Kraft, die eine Bewegung überhaupt erst möglich macht. Anders als Bänder, die Knochen mit Knochen verbinden und eher für passive Stabilität sorgen, sind Sehnen die aktiven Kraftüberträger. Falls Sie den genauen Unterschied noch einmal nachlesen möchten, finden Sie in unserem Artikel über den Unterschied zwischen Sehnen und Bändern eine leicht verständliche Erklärung.

Die Hauptakteure im Überblick

Im Zentrum der Schulterfunktion stehen vor allem zwei Sehnengruppen, die wir uns im Folgenden ganz genau ansehen werden:

  • Die Sehnen der Rotatorenmanschette: Das ist sozusagen das Kernteam, das für die Stabilisierung und die meisten Drehbewegungen des Arms verantwortlich ist. Verletzungen in diesem Bereich gehören zu den häufigsten Ursachen für Schulterschmerzen.
  • Die lange Bizepssehne: Obwohl sie streng genommen nicht zur Rotatorenmanschette gehört, verläuft sie prominent durch das Schultergelenk. Sie spielt eine wichtige Rolle für die vordere Stabilität und bei allen Hebebewegungen.

Indem wir diese Strukturen einzeln beleuchten, entschlüsseln wir, wie sie im Team zusammenarbeiten, um die erstaunliche Funktionalität Ihrer Schulter zu ermöglichen. Dieses Wissen ist die beste Basis, um Beschwerden wie das Impingement-Syndrom nicht nur zu behandeln, sondern ihnen auch effektiv vorzubeugen.

Die Rotatorenmanschette als Team von Spezialisten

Die Rotatorenmanschette ist das wahre Kraftzentrum und gleichzeitig der Feinmechaniker deiner Schulter.## Die Rotatorenmanschette als Team von Spezialisten

Die Rotatorenmanschette ist das wahre Kraftzentrum und gleichzeitig der Feinmechaniker deiner Schulter. Anstatt dich mit trockenen Fachbegriffen zu überhäufen, stellen wir uns die vier zentralen Sehnen lieber als ein perfekt eingespieltes Expertenteam vor. Jedes Mitglied dieses Teams hat eine ganz spezielle Aufgabe, die dafür sorgt, dass dein Arm sich frei bewegen kann und trotzdem sicher im Gelenk bleibt.

Stell dir vor, diese Sehnenmanschette umschließt den Oberarmkopf wie eine schützende Kappe. Sie sorgt dafür, dass er bei jeder Bewegung exakt in der kleinen Gelenkpfanne zentriert bleibt. Ohne dieses Teamwork würde der Oberarmkopf bei jeder Hebebewegung nach oben rutschen und schmerzhaft am Schulterdach anstoßen – ein Zustand, der als Impingement-Syndrom bekannt ist.

Die folgende Infografik zeigt, wie Sehnen, Muskeln und Knochen im komplexen System der Schulter zusammenarbeiten.

Infographic about schulter anatomie sehnen

Die Visualisierung macht deutlich, dass keine dieser Strukturen isoliert betrachtet werden kann; sie bilden eine funktionale Einheit, die für Stabilität und Bewegung sorgt.

Die vier Teammitglieder und ihre Aufgaben

Jede der vier Sehnen hat einen Namen, der ihre Position und Funktion beschreibt, aber es ist einfacher, sie sich über ihre Rollen zu merken. Ihr Zusammenspiel ist vergleichbar mit dem Steuerknüppel eines Joysticks, der präzise Bewegungen in alle Richtungen ermöglicht.

Schauen wir uns die Spezialisten einmal genauer an:

  • Der Supraspinatus – Der Initiator: Diese Sehne sitzt oben auf dem Oberarmkopf. Ihre Hauptaufgabe ist es, die Bewegung des Armhebens zur Seite einzuleiten. Sie ist sozusagen der „Starter“, der den Arm auf die ersten 15 Grad anhebt, bevor größere Muskeln die Arbeit übernehmen. Ihre exponierte Lage macht sie leider auch zur am häufigsten verletzten Sehne der Schulter.

  • Der Infraspinatus – Der Haupt-Außenrotierer: Auf der Rückseite des Schulterblatts gelegen, ist die Sehne des Infraspinatus der wichtigste Spieler, wenn es darum geht, deinen Arm nach außen zu drehen. Denk an Bewegungen wie das Werfen eines Balls oder das Kämmen der Haare am Hinterkopf. Ohne ihn wären diese alltäglichen Handlungen kaum möglich.

  • Der Teres minor – Der Assistent des Außenrotierers: Direkt unter dem Infraspinatus arbeitet der Teres minor eng mit ihm zusammen. Er unterstützt die Außenrotation und hilft dabei, den Oberarmkopf bei Hebebewegungen nach unten zu ziehen und so im Gelenk zu stabilisieren.

  • Der Subscapularis – Der starke Innenrotierer: Diese Sehne ist die größte und stärkste des Teams und liegt an der Vorderseite des Schulterblatts. Sie ist der direkte Gegenspieler der Außenrotierer und ermöglicht kraftvolle Innenrotationen, wie zum Beispiel beim Armdrücken oder wenn du deine Hand auf den Rücken legst.

Das perfekte Gleichgewicht zwischen den nach außen drehenden Sehnen (Infraspinatus, Teres minor) und der nach innen drehenden Sehne (Subscapularis) ist entscheidend. Dieses dynamische Zusammenspiel garantiert die Stabilität und ermöglicht gleichzeitig den beeindruckenden Bewegungsumfang von fast 360 Grad.

Um den Überblick zu behalten, haben wir die wichtigsten Informationen in einer Tabelle für dich zusammengefasst.

Die vier Sehnen der Rotatorenmanschette und ihre Hauptfunktionen

Diese Tabelle bietet eine klare und prägnante Übersicht über die vier Hauptsehnen der Rotatorenmanschette, ihre zugehörigen Muskeln und ihre spezifische Rolle bei der Schulterbewegung.

Sehne (Muskel) Lage Hauptfunktion
Supraspinatussehne Oben auf dem Oberarmkopf Startet die Abspreizbewegung des Arms
Infraspinatussehne Rückseite des Schulterblatts Wichtigster Außenrotierer des Arms
Teres-minor-Sehne Unterhalb der Infraspinatussehne Unterstützt die Außenrotation und Stabilisierung
Subscapularissehne Vorderseite des Schulterblatts Kräftigster Innenrotierer des Arms

Wie du siehst, hat jede Sehne ihre ganz spezielle Expertise, aber erst im Team entfalten sie ihre volle Wirkung.

Das dynamische Zusammenspiel im Detail

Die Funktion der Rotatorenmanschette geht weit über einfache Drehbewegungen hinaus. Sie arbeitet permanent daran, den Gelenkkopf aktiv in der Pfanne zu zentrieren, was als dynamische Stabilisierung bezeichnet wird. Jeder Muskel zieht mit einer bestimmten Kraft in eine bestimmte Richtung.

Diese fein abgestimmte Balance sorgt dafür, dass die Anatomie deiner Schultersehnen optimal funktioniert. Eine Schwächung oder Verletzung nur einer Sehne kann dieses Gleichgewicht stören und zu Schmerzen und Bewegungseinschränkungen führen. Aus diesem Grund ist ein gezieltes Training aller vier Muskelgruppen so wichtig, nicht nur der großen, sichtbaren Muskeln.

Wenn du tiefer in die faszinierende Welt dieses Sehnensystems eintauchen möchtest, bieten unsere detaillierten Modelle eine hervorragende visuelle Hilfe. Entdecke mehr über die genaue Lage und Funktion mit unserem anatomischen Poster zur Rotatorenmanschette und verstehe die Zusammenhänge noch besser.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Rotatorenmanschette ein hochspezialisiertes Team ist. Ihre Sehnen sind keine simplen Verbindungskabel, sondern intelligente Steuerelemente, die Kraftübertragung, Bewegung und Stabilität in einem der komplexesten Gelenke des menschlichen Körpers sicherstellen.

Die Supraspinatussehne: Die Achillesferse der Schulter

Auch wenn alle Sehnen der Rotatorenmanschette als eingespieltes Team agieren, gibt es einen Spieler, der aufgrund seiner anatomischen Lage besonders verletzungsanfällig ist: die Supraspinatussehne. Man könnte sie als den Pechvogel im Team bezeichnen, denn ihr Weg zum Oberarmkopf führt sie durch einen knöchernen Tunnel, der es in sich hat. Genau dieser Engpass ist oft der Ursprung vieler Schulterprobleme.

Stell dir vor, du ziehst ein Seil immer wieder über eine raue Felskante. Was passiert? Mit der Zeit wird das Seil ausfransen und irgendwann nachgeben. Ein sehr ähnliches Schicksal ereilt die Supraspinatussehne. Der „Felsen“ in diesem Szenario ist das Schulterdach, von Medizinern auch Akromion genannt.

Ein anatomisches Bild, das die exponierte Lage der Supraspinatussehne unter dem Schulterdach zeigt.

Bei jeder einzelnen Hebebewegung deines Arms muss die Sehne durch diesen schmalen Spalt gleiten. Ist der Platz von Natur aus schon knapp bemessen oder wird er durch knöcherne Auswüchse zusätzlich verengt, entsteht Reibung. Diese ständige mechanische Belastung ist der Hauptverursacher des weitverbreiteten Impingement-Syndroms.

Was genau ist das Impingement-Syndrom?

Das Wort „Impingement“ stammt aus dem Englischen und bedeutet so viel wie „Einklemmung“ oder „Anstoßen“ – und das trifft den Nagel auf den Kopf. Die Supraspinatussehne und der Schleimbeutel, der direkt darüber liegt, werden buchstäblich zwischen dem Oberarmkopf und dem Schulterdach eingequetscht.

Dieser simple Mechanismus löst eine ganze Kaskade von Problemen aus:

  1. Reizung und Entzündung: Die permanente Reibung führt unweigerlich zu einer schmerzhaften Entzündung der Sehne (Tendinitis) und des Schleimbeutels (Bursitis).
  2. Verschleiß (Tendinose): Bleibt die Belastung bestehen, verändert sich die Sehne auf zellulärer Ebene. Sie wird spröde, faserig und verliert ihre Elastizität. Diesen Zustand nennt man Tendinose.
  3. Riss (Ruptur): Eine derart vorgeschädigte Sehne ist extrem anfällig. Oft reicht schon eine alltägliche Bewegung oder ein kleines Trauma, um sie teilweise oder sogar komplett reißen zu lassen.

Die spezielle Anatomie der Schultersehnen, allen voran die exponierte Lage der Supraspinatussehne, ist also direkt verantwortlich für eine der häufigsten Ursachen von Schulterschmerzen. Es ist kein Zufall, dass über 90 % aller Risse der Rotatorenmanschette genau diese eine Sehne betreffen.

Dieser anatomische Engpass ist auch als „subakromialer Raum“ bekannt. Normalerweise sorgt hier ein wichtiger Puffer für reibungslose Abläufe, doch auch dieser kann an seine Grenzen stoßen.

Die undankbare Rolle des Schleimbeutels

Direkt zwischen der Supraspinatussehne und dem knöchernen Schulterdach befindet sich ein kleiner, mit Flüssigkeit gefüllter Beutel: der Schleimbeutel (Bursa subacromialis). Seine Aufgabe ist es, wie ein Stoßdämpfer oder ein Airbag zu wirken. Er reduziert die Reibung und sorgt dafür, dass die Sehne sanft unter dem Knochen hindurchgleiten kann.

Beim Impingement-Syndrom gerät dieser Schutzmechanismus jedoch selbst unter Beschuss. Der Schleimbeutel wird ebenfalls eingeklemmt und entzündet sich. Eine akute Schleimbeutelentzündung (Bursitis) kann höllisch wehtun, denn der Beutel schwillt an und macht den ohnehin schon engen Raum noch enger.

So entsteht ein Teufelskreis aus Einklemmung, Entzündung und Schwellung, der sich selbst verstärkt und Bewegungen – besonders über Kopfhöhe – zur Qual macht.

Und was hat es mit der Kalkschulter auf sich?

Eine weitere typische Erkrankung, die es fast immer auf die Supraspinatussehne abgesehen hat, ist die Kalkschulter (Tendinosis calcarea). Wie der Name schon sagt, lagern sich hier Kalkdepots direkt im Sehnengewebe ab. Die genaue Ursache ist noch nicht vollständig geklärt, aber eine führende Theorie besagt, dass eine lokale Minderdurchblutung in diesem Engpass eine entscheidende Rolle spielt.

Durch die schlechtere Versorgung beginnen sich Sehnenzellen umzuwandeln und Kalziumkristalle zu produzieren. Solche Kalkherde können jahrelang völlig unbemerkt bleiben. Akute und oft unerträgliche Schmerzen treten meist erst dann auf, wenn der Körper versucht, diesen Kalk wieder abzubauen.

Diese Auflösungsphase ist mit einer massiven Entzündungsreaktion verbunden, die den Druck im subakromialen Raum dramatisch ansteigen lässt. Viele Betroffene berichten von Schmerzen, die „aus heiterem Himmel“ kommen und als die schlimmsten gelten, die man in der Schulter erleben kann.

Zusammenfassend kann man sagen: Die exponierte Lage der Supraspinatussehne macht sie zur Achillesferse der Schulter. Ihre Reise durch den engen Kanal unter dem Schulterdach ist der Ausgangspunkt für die häufigsten Beschwerden, die Menschen mit Schulterschmerzen in die Arztpraxen treiben.

Die lange Bizepssehne: Mehr als nur ein Muskelanhang

Klar, die Rotatorenmanschette ist der Star, wenn es um die Stabilisierung der Schulter geht. Aber im komplexen Zusammenspiel der schulter anatomie sehnen gibt es noch einen weiteren wichtigen Akteur, der oft ein wenig im Schatten steht: die lange Bizepssehne. Ihre Rolle ist ziemlich einzigartig, denn sie gehört nicht direkt zur Manschette, verläuft aber prominent mitten durchs Schultergelenk.

Stell dir diese Sehne wie ein straff gespanntes Seil vor. Es läuft von vorne über den Kopf des Oberarmknochens und hält ihn quasi im Zaum, indem es ihn sanft nach unten und hinten zieht. Das macht die lange Bizepssehne zu einem wichtigen dynamischen Stabilisator, der den Oberarmkopf fest in seiner Gelenkpfanne verankert. Sie hilft der Rotatorenmanschette tatkräftig dabei, ein lästiges Nach-oben-Rutschen des Humeruskopfes zu verhindern – besonders, wenn wir etwas heben oder den Arm drehen.

Ihr Verlauf ist anatomisch wirklich besonders. Sie entspringt ganz oben an der Gelenkpfanne (dem Glenoid), taucht einmal quer durchs Schultergelenk und verlässt es vorne wieder, um dann in einer Art knöchernen Rinne am Oberarmknochen (dem Sulcus intertubercularis) nach unten zu gleiten. Diese Führung ist genial, aber leider auch anfällig für ganz bestimmte Probleme.

Wenn die Bizepssehne plötzlich Ärger macht

Durch ihre exponierte Lage und die ständige Zugbelastung kann die lange Bizepssehne leider zur Schmerzquelle werden. Anders als bei der Supraspinatussehne geht es hier seltener um eine Einklemmung unter dem Schulterdach. Die Probleme hängen vielmehr direkt mit ihrem speziellen Verlauf und ihrer Verankerung zusammen.

Zwei der häufigsten Diagnosen sind:

  • Bizepssehnenentzündung (Tendinitis): Ständige Überlastung, sei es durch wiederholte Überkopfbewegungen beim Sport oder schweres Heben im Alltag, kann die Sehne in ihrer Gleitrinne reizen und entzünden. Das Ergebnis ist oft ein fieser, stechender Schmerz an der Vorderseite der Schulter.
  • Sehneninstabilität (Pulley-Läsion): Damit die Sehne nicht aus ihrer Führung springt, wird sie von einem ringförmigen Band (dem Pulley-System) an Ort und Stelle gehalten. Reißt diese Halterung, kann die Sehne aus ihrer Rinne hüpfen – das fühlt sich an wie ein schmerzhaftes Schnappen und hinterlässt ein Gefühl der Instabilität.

Ein ganz zentraler Punkt der schulter anatomie sehnen ist das perfekte Zusammenspiel aller Teile. Ist die Rotatorenmanschette geschwächt, muss die lange Bizepssehne oft Überstunden machen und versucht, die fehlende Stabilität auszugleichen. Das führt dann schnell zur Überlastung.

Die SLAP-Läsion: Ein gefürchteter Sonderfall

Eine Verletzung, die bei Sportlern besonders gefürchtet ist, ist die sogenannte SLAP-Läsion. Das ist ein Akronym und steht für „Superiores Labrum von anterior nach posterior“. Klingt kompliziert, meint aber im Grunde einen Riss der Gelenklippe (des Labrums) – und zwar genau an der Stelle, wo die lange Bizepssehne befestigt ist. Man kann es sich ein bisschen so vorstellen, als würde ein Dübel mitsamt einem Stück Wand herausgerissen.

Solche Verletzungen passieren typischerweise durch plötzliche, ruckartige Zugbewegungen, zum Beispiel wenn man versucht, einen schweren Gegenstand aufzufangen, oder bei einem Sturz auf den ausgestreckten Arm. Vor allem Wurfsportler sind davon betroffen. Der Schmerz sitzt oft tief im Gelenk und ist nur schwer zu lokalisieren.

Hier zeigt sich die ganze Komplexität unseres Schultergelenks. Das Glenohumeral-Gelenk, das Herzstück, schenkt uns eine unfassbare Bewegungsfreiheit. Weil es aber von einer recht lockeren Kapsel umgeben ist, sind die Muskeln und Sehnen für die Stabilität absolut entscheidend. Neben der Rotatorenmanschette und der Bizepssehne sorgen auch mehrere Schleimbeutel dafür, dass die Reibung zwischen Knochen und Sehnen minimiert wird. Wenn du noch tiefer in diese faszinierenden Zusammenhänge eintauchen willst, findest du in dieser wissenschaftlichen Ausarbeitung der TU München spannende Details.

Man sieht also: Die lange Bizepssehne ist weit mehr als nur der verlängerte Arm des Bizepsmuskels. Sie ist ein fundamentaler Baustein des Schultergelenks, der ganz entscheidend zur vorderen Stabilität beiträgt. Wer Schulterschmerzen richtig verstehen und behandeln will, kommt an dieser wichtigen Struktur nicht vorbei.

Was Schultersehnen alles aushalten müssen: Die häufigsten Verletzungen und Erkrankungen

Wer die Anatomie der Schultersehnen einmal verstanden hat, begreift nicht nur, wie genial dieses Gelenk funktioniert, sondern auch, warum es so anfällig für Schmerzen ist. Wenn du weißt, wie die einzelnen Strukturen aufgebaut sind und zusammenspielen, kannst du die Signale deines Körpers viel besser deuten. In diesem Abschnitt übersetzen wir die gängigsten medizinischen Diagnosen in eine verständliche Sprache und werfen einen Blick hinter die Kulissen der häufigsten Schulterleiden.

Eine Person hält ihre schmerzende Schulter, was auf häufige Verletzungen und Erkrankungen der Schultersehnen hinweist.

Und Schulterbeschwerden sind alles andere als eine Seltenheit. Statistisch gesehen spielen sie in Deutschland eine riesige Rolle: Studien zeigen, dass über 25 % der Bevölkerung im Laufe ihres Lebens mit behandlungsbedürftigen Schulterproblemen zu kämpfen haben. Gerade Verletzungen der Rotatorenmanschette nehmen mit dem Alter drastisch zu. Während bei den 40- bis 49-Jährigen „nur“ etwa 12 % betroffen sind, steigt die Zahl bei den 60- bis 69-Jährigen auf rund 50 %.

Das Impingement-Syndrom: Wenn es in der Schulter zu eng wird

Das Impingement-Syndrom ist der absolute Klassiker unter den Schulterdiagnosen. Stell dir einfach vor, die Supraspinatussehne wird bei jeder Bewegung über den Kopf wie ein Seil zwischen zwei Felsen eingeklemmt – dem Oberarmkopf und dem Schulterdach. Diese permanente mechanische Reibung führt unweigerlich zu Reizungen und Entzündungen.

Ein ganz klares Warnsignal ist der Schmerz, der typischerweise beim seitlichen Anheben des Arms zwischen 60 und 120 Grad auftritt. Mediziner nennen das den „schmerzhaften Bogen“. Ein alltägliches Beispiel? Der stechende Schmerz beim Versuch, etwas aus dem obersten Küchenregal zu holen. Bleibt das Problem unbehandelt, droht ein chronischer Verschleiß, der die Sehne nachhaltig schädigt.

Beim Impingement-Syndrom geht es um pure Mechanik. Der Raum für die Sehne ist zu eng, was zu einer schmerzhaften Einklemmung führt. Das ist oft der Ausgangspunkt für schwerwiegendere Sehnenprobleme.

Tendinose: Der schleichende Verschleiß der Sehne

Oft wird fälschlicherweise von einer Sehnenentzündung (Tendinitis) gesprochen, obwohl eigentlich eine Tendinose vorliegt. Der Unterschied ist entscheidend: Während eine Entzündung ein aktiver, oft kurzfristiger Prozess ist, beschreibt die Tendinose einen degenerativen Zustand – eine Art Materialermüdung der Sehne.

Durch chronische Überlastung und mangelnde Regeneration wird das Sehnengewebe minderwertig umgebaut. Es verliert seine schön geordnete Faserstruktur, wird spröde und ist einfach nicht mehr so belastbar. Eine Tendinose entwickelt sich schleichend und macht sich meist durch einen dumpfen, belastungsabhängigen Schmerz bemerkbar.

Sehnenrisse: Von kleinen Faserschäden bis zum kompletten Riss

Wird eine bereits vorgeschädigte Sehne weiter unter Druck gesetzt, kann sie irgendwann reißen. Für die Therapie ist es extrem wichtig, den Schweregrad des Risses zu kennen. Mediziner unterscheiden hier grob:

  • Partialruptur (Teilriss): Hier sind nur einige Faserbündel der Sehne gerissen, aber die Sehne an sich ist noch zusammenhängend. Du kannst es dir wie ein ausgefranstes Seil vorstellen, das zwar beschädigt ist, aber noch hält.
  • Komplette Ruptur (vollständiger Riss): Die Sehne ist komplett durchtrennt. Das bedeutet, der zugehörige Muskel kann seine Kraft nicht mehr auf den Knochen übertragen. Das Resultat ist ein spürbarer Kraftverlust. Bei einem kompletten Riss der Supraspinatussehne kann das seitliche Anheben des Arms unmöglich werden.

Solche Risse entstehen übrigens nicht immer durch einen Unfall. Viel häufiger sind es degenerative Risse, die sich auf dem Boden einer jahrelangen Tendinose ohne ein klares Trauma entwickeln. Um das genau zu erkennen, ist bildgebende Diagnostik entscheidend. Wenn du verstehen möchtest, wie Ärzte solche Verletzungen aufdecken, findest du in unserem Guide zum Thema MRT-Bilder der Schulter deuten wertvolle Einblicke.

Die Kalkschulter: Wenn Kristalle für extreme Schmerzen sorgen

Die Kalkschulter, medizinisch Tendinosis calcarea, ist ein ganz besonderes Phänomen. Aus bisher nicht vollständig geklärten Gründen lagern sich Kalziumkristalle in einer Sehne ab – meist trifft es wieder die Supraspinatussehne. Man vermutet, dass eine lokale Minderdurchblutung im Sehnengewebe dazu führt, dass sich Sehnenzellen umwandeln und anfangen, Kalk zu produzieren.

Diese Kalkdepots können jahrelang unbemerkt und völlig schmerzfrei bleiben. Richtig akut und extrem schmerzhaft wird es oft erst, wenn der Körper versucht, den Kalk wieder abzubauen. In dieser sogenannten Resorptionsphase kommt es zu einer massiven Entzündungsreaktion. Betroffene beschreiben diesen Schmerz oft als plötzlich einschießend und unerträglich – eine der schlimmsten Schmerzerfahrungen überhaupt, bei der schon die kleinste Bewegung zur Qual wird.

Häufige Fragen rund um die Schultersehnen

Nachdem wir uns die Hauptdarsteller im Schultergelenk und ihre typischen Probleme angeschaut haben, tauchen oft noch ganz konkrete Fragen auf. Kein Wunder, denn die Welt der Schulteranatomie und ihrer Sehnen ist ziemlich komplex. Hier habe ich die häufigsten Fragen für dich gesammelt und liefere dir klare, verständliche Antworten.

Was ist eigentlich der Unterschied zwischen einer Sehne und einem Band?

Im Alltag werfen wir diese Begriffe gerne mal in einen Topf, aber aus anatomischer Sicht erfüllen sie völlig unterschiedliche Aufgaben. Den Unterschied zu kennen, ist der Schlüssel, um zu verstehen, wie deine Schulter überhaupt funktioniert.

Stell es dir einfach so vor:

  • Sehnen sind die „Antriebskabel“ deines Körpers. Sie verbinden Muskeln mit Knochen. Spannt sich ein Muskel an, zieht er über die Sehne am Knochen – und zack, eine Bewegung entsteht. Die Sehnen der Rotatorenmanschette sind das Paradebeispiel dafür: Sie wandeln die Muskelkraft in eine Drehbewegung deines Arms um.
  • Bänder sind eher die „Sicherheitsgurte“ des Gelenks. Sie spannen sich von Knochen zu Knochen. Ihre Hauptaufgabe ist es, das Gelenk passiv zu stabilisieren und zu verhindern, dass es über sein natürliches Bewegungsausmaß hinausschießt. Sie geben also Halt und setzen klare Grenzen.

Um es auf den Punkt zu bringen: Sehnen machen die aktive Bewegung erst möglich, während Bänder für die passive Stabilität sorgen. Für eine gesunde Schulter sind beide unverzichtbar.

Ohne Sehnen keine Kraftübertragung, ohne Bänder wäre das Gelenk instabil und würde bei der kleinsten falschen Bewegung auskugeln.

Warum dauert es eine gefühlte Ewigkeit, bis Schultersehnen heilen?

Diese Frage entspringt meist purer Verzweiflung. Jeder, der schon mal eine Sehnenverletzung hatte, kennt diesen zermürbend langen Heilungsprozess. Der Hauptgrund dafür liegt tief in der Biologie des Sehnengewebes verborgen.

Anders als unsere Muskeln, die von einem dichten Netz aus Blutgefäßen durchzogen sind, ist Sehnengewebe extrem schlecht durchblutet. Mediziner sprechen hier von bradytrophem Gewebe. Das bedeutet ganz einfach: Nährstoffe, Sauerstoff und die wichtigen Reparaturzellen kommen nur im Schneckentempo an der verletzten Stelle an.

Besonders heikel ist die sogenannte „kritische Zone“ der Rotatorenmanschette, allen voran bei der Supraspinatussehne. Dieser Bereich ist von Natur aus am schlechtesten versorgt.

Was das für die Heilung bedeutet, liegt auf der Hand:

  • Stoffwechsel auf Sparflamme: Der gesamte Prozess des Gewebeumbaus läuft wie in Zeitlupe ab.
  • Schwache Selbstheilungskräfte: Die Fähigkeit des Gewebes, sich selbst zu reparieren, ist stark eingeschränkt.
  • Risiko für minderwertiges Ersatzgewebe: Oft heilt die Sehne nicht mit stabilem, elastischem Gewebe, sondern bildet eher sprödes Narbengewebe. Dieses ist leider anfälliger für erneute Verletzungen.

Genau diese miserable Durchblutung ist der Grund, warum bei Sehnenproblemen Geduld und eine absolut gezielte Therapie die wichtigsten Schlüssel zum Erfolg sind.

Was genau verbirgt sich hinter einer Kalkschulter?

Die Kalkschulter, in der Fachsprache Tendinosis calcarea genannt, ist ein weitverbreitetes Leiden, das oft für Verwirrung sorgt. Viele glauben, es hätte etwas mit zu viel Kalzium in der Ernährung zu tun – das ist aber ein hartnäckiger Mythos.

Bei einer Kalkschulter passiert etwas ganz anderes: Es lagern sich Kalziumkristalle direkt in einer Sehne ab. In über 90 % der Fälle trifft es dabei die Supraspinatussehne, was ihre besondere Verletzlichkeit einmal mehr zeigt. Die genaue Ursache ist wissenschaftlich noch nicht final geklärt, aber die führende Theorie deutet auf eine lokale Stoffwechselstörung innerhalb der Sehne hin.

Man geht davon aus, dass chronischer Druck und eine anhaltende Minderdurchblutung dazu führen, dass sich manche Sehnenzellen in knorpelartige Zellen umwandeln. Und diese fangen dann an, Kalzium einzulagern.

Dieser Prozess hat oft mehrere Phasen:

  1. Umbauphase: Die Sehnenzellen verändern sich.
  2. Kalkulationsphase: Das Kalkdepot entsteht und wächst langsam. Diese Phase kann Jahre dauern und verläuft meist völlig unbemerkt und schmerzfrei.
  3. Resorptionsphase: Der Körper erkennt den Kalk als Fremdkörper und versucht, ihn abzubauen. Das löst eine massive, extrem schmerzhafte Entzündungsreaktion aus.

Die brutalen Schmerzattacken, die Betroffene oft wie aus dem Nichts überfallen, treten typischerweise in dieser letzten Phase auf, wenn das Kalkdepot aufbricht und sich in den benachbarten Schleimbeutel entleert.

Wie kann ich Sehnenverletzungen am besten vorbeugen?

Prävention schlägt jede Therapie – das gilt ganz besonders für ein so hoch beanspruchtes Gelenk wie die Schulter. Einen hundertprozentigen Schutz gibt es natürlich nicht, aber du kannst das Risiko für Sehnenprobleme mit ein paar cleveren Maßnahmen drastisch senken. Im Kern geht es darum, eine gesunde Balance zwischen Belastung und Stabilität zu finden.

Hier sind die wichtigsten Säulen der Vorbeugung:

  • Ausgewogenes Krafttraining: Trainiere nicht nur die Muskeln, die man im Spiegel sieht, wie den großen Deltamuskel. Schenke den kleinen, aber entscheidenden Stabilisatoren der Rotatorenmanschette deine volle Aufmerksamkeit. Übungen für die Außen- und Innenrotation mit leichten Gewichten oder Therabändern sind hier Gold wert.
  • Saubere Technik: Egal ob im Sport oder bei der Arbeit über Kopf – achte immer auf eine korrekte Ausführung. Eine schlechte Haltung erhöht den Druck unter dem Schulterdach und lässt die Sehnen regelrecht scheuern.
  • Monotonie durchbrechen: Wenn dein Alltag von sich wiederholenden Überkopfbewegungen geprägt ist, baue bewusst Pausen ein und sorge für Ausgleichsbewegungen.
  • Richtig aufwärmen: Bereite deine Schultersehnen immer auf die bevorstehende Belastung vor. Dynamisches Dehnen und leichte Aktivierungsübungen kurbeln die Durchblutung an und machen das Gewebe geschmeidiger.
  • Beweglichkeit pflegen: Sorge dafür, dass deine Brustwirbelsäule und dein Schultergürtel flexibel bleiben. Eine steife Brustwirbelsäule zwingt die Schulter oft in ungesunde Ausweichmanöver.

Ein proaktiver Ansatz, der auf Kräftigung, Beweglichkeit und guter Technik beruht, ist der beste Schutz für die komplexe Anatomie deiner Schultersehnen.


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